Zuerst mal für alle, die Arosa nicht kennen, ein schönes Bild (ok, ist zwar Lenzerheide aber die Skigebiete gehören ja zusammen und so detailverliebt war ich jetzt ja noch nie):

In der dritten Januarwoche hatte ich auf Anweisung meines Vorgesetzten Thomas Wechsler (endlich der wohlverdiente Gastauftritt, um den Du gar nie gebeten hast) noch Resturlaub (unter diesem Namen hat Tommy Jaud ein sehr lustiges Buch publiziert, nicht ganz so legendär wie das legendäre Hummeldumm, aber immer noch sehr lustig) zu beziehen. Ja, hört sich seltsam an, wenn ich als gefühlter Dauerurlauber noch Resturlaub habe, aber ausser meinen drei wundervollen unbezahlten Tagen Wochen Monaten in Australien (für alle, die es verpasst haben: die Zusammenfassung mit allen links hier) hatte ich 2019 keine eigentlichen Ferien bezogen.
Als Destination kam natürlich nur Arosa in Frage, da ich alleine verreiste und erst knapp zwei Wochen davor dort ausgecheckt hatte, war für einmal das heissgeliebte Astoria (darüber habe ich hier berichtet) nicht die erste Wahl. Dank etwas Recherche fand ich heraus, dass das altehrwürdige Hotel Hohenfels ab dieser Saison vom Deutschen Sportreiseanbieter Frosch geführt wird (die strategische Absicht dahinter findet sich hier). Genau in meiner Ferienwoche sollte eine Alleinreisendenwoche (welche gewisse TeilnehmerInnen dann als Single-Woche missinterpretierten – Toni, das wäre Dein Gastauftritt, gern geschehen) stattfinden: also Gruppenbespassung ohne das Risiko, alleine essen zu müssen (die ganz grosse und völlig unbegründete Panik vieler Alleinreisender). Mein Gedanke dazu: wenn die alle nerven, dann ist es ein günstiges Zimmer mit Halbpension – sie sollten nicht nerven.
Mit leicht unsicherem Gefühl reiste ich nach Arosa. Erster Erfolg: ich konnte mir den letzten verfügbaren Gratisparkplatz schnappen – zwei Minuten später wäre er weg gewesen. Die Begrüssung freundlich, das Zimmer sauber und geräumig. Dann der erste Kontaktangriff in der Bar und wie sich herausstellen sollte, war ich tatsächlich der einzige Schweizer unter 60 Deutschen. Diese konnten es auch kaum fassen und fragten immer wieder: warum genau (also in Englisch: why the hell) verreist ein Schweizer mit Frosch in die Schweiz? Nun, ich integrierte mich recht rasch (zumindest nach meinem Gefühl, vielleicht sahen das die Deutschen ja anders), obwohl es ja schon kulturelle Unterschiede gibt: Oder wie viele Schweizerinnen, welche vor dem Abendessen mal rasch zwei grosse Bier weghauen, kennt ihr?
Das Essen nicht grad auf Gault Millau-Niveau, aber reichlich, wobei man dem Koch sicher keine Verliebtheit unterstellen konnte, was zu einer fast schon übermässigen Beanspruchung des Salzstreuers führte (aber lieber nachsalzen als entsalzen, weil das irgendwie ja gar nicht geht). Der Speisesaal mit akustischem Potential, aber genau der fast schon nervtötende Lärm kreierte eine Skilager-Atmosphäre, welche an längst vergessene Zeiten in der Lenzerheide erinnerten, als ich zusammen mit dem Mann vom schicken Möbelladen die Party des Nachbarskilagers besuchte, wir vom Lehrer dort freundlich gebeten wurden, wieder zu gehen hinausgeschmissen wurden und dafür dann am nächsten Abend sein Bier übernahmen, was ihm (und allen an unserem Tisch) unendlich peinlich war (wow, das war jetzt grad ein sehr langer Satz, danke fürs Durchhalten).
Nach dem Essen am ersten Abend konnte ich drei der neuen Freunde sogar zu einem Besuch des Spiels des EHC Arosa (also zuerst fanden sie ja die dritthöchste Schweizer Spielklasse nicht grad prickelnd, aber als ich dann mit angelesenem Fachwissen zum ehemaligen Serienmeister auftrumpfte, waren sie rasch überzeugt) gegen den EHC Basel (als die noch in der obersten Liga spielten, begleiteten wir regelmässig Ambrí nach Basel und einmal fuhr Knipser Knuser mit dem Taxi vor (es weiss bis heute niemand genau warum, aber irgendwie wurde er spätestens da zur Legende) und ein ander Mal verliess sein Vater wegen eines 0-4- Rückstandes das Spiel nach zwei Dritteln (weil er rechtzeitig für ,10 vor 10‘ zu Hause sein wollte) und verpasste die vielleicht legendärste und spektakulärste Aufholjagd ever) überreden (überreden bezieht sich immer noch auf meine Deutschen Begleiter – sorry not sorry für den Abschweifer). Wir waren etwa zur Mitte des Spiels da, Arosa führte 5-1 und es schien ein gemütlicher Abend zu werden. Nun, am Ende war es ein grosser Kampf mit ein wenig Krampf, vielen Emotionen, diversen (auch unnötigen) Strafen, Nettigkeiten zwischen Spielern, Nettigkeiten zwischen Fans, Nettigkeiten zwischen Fans und Spielern und einem sehr engagiertem Präsidenten (er kommt hier zu seinem Gastauftritt, weil er mich dann vielleicht teilt, was wichtig wäre, weil er echt was von social media versteht (ok, das war jetzt grad sehr schleimig)). Alles egal, der EHC Arosa gewann zum Schluss heroisch 6-5, die Halle kochte (eine der Deutschen war überrascht, dass es eine Halle hatte, sie erwartete tatsächlich Freiluft-Hockey in der rückständigen Schweiz) und der EHC hat jetzt drei neue Fans in Deutschland.
Gruppenskifahren war am Sonntag auf 09.15 Uhr angesagt, als ich um 08.30 zum Frühstück kam, waren alle schon fertig und als ich fragte, warum (ja genau: why the hell) man um acht frühstückt, wenn man erst um viertel nach neun bereit stehen muss, wurde mir trocken mit ‚das ist eben Deutsch‘ geantwortet. Nun, wir fuhren gemeisam mit dem Lift hoch (nein zuerst marschierten wir als 60er-Gruppe durchs Dorf und ich hoffte einfach, dass mich niemand erkannte) und dort war erst mal Einturnen angesagt (habe ich nicht mehr gemacht, seit mich mein Bruder (er damals zehn, ich sieben) in seiner korrekten sehr korrekten überkorrekten unausstehlich korrekten Art dazu genötigt hatte). Es beschlich mich die leichte Panik, dass gerade als ich mit 60 Deutschen den Hampelmann zu machen hatte, mich jemand erkennen könnte, aber zum Glück war diese unbegründet – oder wenigstens hat jemand, der mich erkannt hat, diskret und leicht beschämt weggeschaut oder es zumindest nicht in den sozialen Medien verbreitet.
Selbstbewusst schloss ich mich der Gruppe ‚schnell‘ an, welche dann aber gar nicht so schnell war, weil am ersten Tag ja zuerst einmal das Skigebiet gezeigt werden sollte. Als dann aber nach der gefühlt ersten zweiten dritten Liftfahrt bereits erste TeilnehmerInnen Druck auf der Blase verspürten, schlug ein neuer Freund (ja, Jan, auch Dir Dein Gastauftritt) die Abspaltung der Gruppe ‚Sport‘ vor, womit ich quasi zum Guide befördert wurde. Allenfalls als leichte Arroganz konnte man es dieser Gruppe Sport auslegen, dass Neuaufnahmen für den Rest der Woche nur noch nach einem streng benoteten Vorfahren möglich waren.

Nun, die Woche verging bei tollstem Wetter, leeren Pisten (die dritte Januarwoche bleibt die beste Woche des Jahres für Skiferien) und gutem Schnee wie im Fluge, alles verlief sehr geordnet und trotz den günstigen Barpreisen (die Bar auch mit akustischem Potential, vor allem fehlte aber Schantall hinter der Bar, sie gibt es halt wirklich nur im Astoria) gab es keine nennenswerten Eskalationen. Meine drei Niederlagen bei drei Spielen (im letzten Spiel hielten wir das 0-0 immerhin bis kurz vor Schluss) im Töggeliturnier verkraftete ich ohne Folgeschaden. Alle Deuschen waren sehr nett und extrem stolz drauf, dass sie mein Schweizerdeutsch so gut verstanden, wobei ich mir ja auch wirklich alle erdenkliche Mühe gab und alles in bestem Schwiizerhochdütsch (Emil hätte es nicht besser gekonnt) von mir gab. Nur am Donnerstag beim Hüttenabend (wir würden es Fondueplausch in der Tschuggenhütte nennen) mit vorgängigem Après-Ski im Kuhstall (und dort ist es wirklich bis zum ersten Bier kaum auszuhalten (mir fallen dann auch all die organisatorischen Mängel auf, welche zu unnötigen Wartezeiten führen) – nach zwei Bier kocht die Stimmung dann aber über und plötzlich haben die auch die Abläufe toll im Griff) und anschliessendem Après-Fondue in der Brüggli-Bar gab es Tendenzen von Unkontrollierheit. Auch bei mir. Weshalb ich den auf 08.50 Uhr vorverlegten Start der Gruppe Sport auch locker verpasste, mich aber blendend amüsieren konnte, dass Harald um 08.52 Uhr nachfragte, ob 08.50 Uhr noch gelten würde.
Harald war in der Gruppe Sport übrigens für die B-Note für den künstlerischen Eindruck verantwortlich, weshalb er regelmässig wie eine leichte Schneeflocke über die Piste tanzte. Und Harald (Flöckli): dies ist gerade der erste Video-Gastauftritt in der zweihundert jährigen tägigen Geschichte dieses Blogs, sei stolz drauf.
Fazit: tolle Woche zu einem für Schweizer Verhältnisse günstigen Preis, gutes Essen, lustiges Rahmenprogramm (an welchem man ja teilnehmen kann aber nicht muss), nette Teilnehmende und daher alles in allem viel Spass.
Nachteil: Beim #projekt3660 konnten keine grossen Fortschritte erzielt werden. Aber trotz beträchtlichem Rückstand auf die Marschtabelle sind Gegenwetten weiterhin herzlich willkommen.
Next stop: Untersiggenthal.
Cheers, mates.
3 Kommentare zu „Meine Reise mit den Fröschen – oder wieder mal über beloved Arosa – mit vielen Abschweifern (unter anderem zum EHC Arosa)“