Wer hier einen schönen Reisebericht erwartet, soll bitte nicht weiterlesen. Dieser Beitrag handelt von Customer Experience und konkret Beschwerdemanagement. Und ja, die Aida hat versagt, eigentlich sogar richtig abgekackt.
Regelmässige LeserInnen erinnern sich allenfalls noch an die Folgen 1-3, Folge eins über die Direktbuchung bei Aida (welche zur Empfehlung führte, nie direkt sondern immer über ein Reisebüro zu buchen), Folge zwei über das Schiff an sich (welches ich mit ein wenig Mäkeln auf hohem Niveau echt gut bewertete), Folge drei über die Software (sprich Organisation, Prozesse und Mitarbeite, welche nicht schlecht aber weniger gut als die Hardware bewertet wurde). Und eigentlich war diese Kleinserie nach drei Folgen auch abgeschlossen.
Aber zuerst mal Bild, denn landschatlich war Norwegen echt Weltklasse!

Da ich auf meine Kundenrückmeldung von anfangs Juli noch nichts gehört hatte, schrieb ich am 2. August einen kurzen Brief, legte eine Kopie der Lüftungs-Rückmeldung sowie die drei Folgen meiner Beiträge in gedruckter Form bei. Ich adressierte das Schreiben an Herrn Felix Eichhorn, welcher im Internet als als President Aida Cruises vorgestellt wird. Briefe an CEOs und ähnliche funktionieren normalerweise sehr gut. Natürlich antwortet nie ein CEO persönlich, aber die Briefe gehen an darauf spezialisierte Abteilungen und die geben dann eine mehr oder weniger gute Antwort. Ich mache dies übrigens nur, wenn ich keine Antwort vom Kundendienst erhalte (hier geschehen) und sich auf der Website keine entsprechende Abteilung findet (oder zumindest nicht innert nützlicher Frist).

Und dann hörte ich lange nichts mehr. Was mich auch nicht überraschte, denn ich hatte keine Forderung gestellt und grundsätzlich auch klargestellt, dass ich mich wohl als ehemaligen Kunden betrachte.
Heute erreichte mich nun ein Anruf von einem Herrn Meier (nein, er hiess nicht Meier, es war eine Frau, ihr Name tut nichts zur Sache, sie war auch nur Ueberbringerin der Botschaft und hatte den Zonk, mich anrufen zu müssen, wohl als Hauptpreis beim Zonk-Bingo gewonnen). Den Anruf gestern hatte ich nicht entgegennehmen können, heute erfolgte der zweite Versuch, somit Pluspunkte fürs Dranbleiben. Herr Meier ist Angestellter einer Fachabteilung, den genauen Namen habe ich vergessen, aber sicher irgendas gescheites und fantasievolles wie „Customer Feedback and Complaint Improvement Management schiessmichtot“. Er identifizierte mich anhand Vorname und Geburtsdatum, was ich aus Datenschutzgründen schätze und stieg ein mit dem Satz, dass er mich anrufe, weil er den Prozess beschleunigen wolle. Ok, kein Hitparadenstürmer für die Rangliste der besten Einstiegssätze, wurde mir doch klar signalisiert, dass man mich so rasch als möglich los haben möchte. Nun, Ziel erreicht, die Aida hat mich für immer los.
Herr Meier hatte mit den Kollegen auf dem Schiff meine Rückmeldung betreffend nicht funktionierender Lüftung geprüft und entschuldigte sich für die nie erhaltene Antwort in Sachen Covid-Zertifikat. Dann erklärte er mir, dass gemäss den Aufzeichnungen auf dem Schiff die Lüftung einwandfrei funktioniert hätte, die Aida mir also rechtlich nichts schuldig sei. Aida schätze meine ehrlichen Feedbacks aber sehr und die Hinweise würden dazu beitragen, dass Aida noch bessere Urlaubserlebnisse bieten könne. Er fuhr fort damit, dass Aida mich als Kunden sehr wertschätze und trotz meiner Unzufriedenheit in Sachen Lüftung zum Stammkunden machen möchte, deshalb offeriere mir Aida auf eine nächste Buchung einer Premium Balkonkabine bei Direktbuchung einen Rabatt von 200 Euro oder 4 % (was beides übrigens klar unter den 6 % im Affiliate Programm oder 10 % -14 % Provisionszahlungen an Reisebüros liegt). Und ja, es gäbe jetzt drei Möglichkeiten: Ich sei weiterhin unzufrieden und würde Aida fern bleiben (würde die nette Geste aber allenfalls anerkennen und aus dieser entstünden Aida ja auch keine Kosten), ich würde aufgrund der netten Geste wieder Aida buchen, aber halt in einem Reisebüro (auch dann wäre der Gutschein für Aida ja kostenlos und nur eine nette Geste) oder ich würde bei Aida direkt buchen, womit Aida zu bedeutend tieferen Kosten als bei einer Buchung im Reisebüro die Chance hätte mich zu einem der vielen Fans zu machen (und Geld mit mir zu verdienen), welche Aida ja zum Marktführen machten.
Aber nein, so war es nicht: Darauf, dass dieser Anruf zwei Monate nach Eingang der Rückmeldung erfolgte, ging Herr Meier nicht ein. Herr Meier erklärte, dass die Lüftung gemäss seinen Abklärungen einwandfrei funktioniert hätte und dass er den Fall jetzt abschliesen wolle, schnell, jetzt, eigentlich sofort. Auf meine Rückfrage, ob er mich der Lüge bezichtigte, verneinte er. Er wollte den Sachverhalt aber nochmals mit den Schiff klären, mir aber keine weitere Rückmeldung geben, weil er die Sache als mit diesem Telefonat erledigt betrachte. Meine Frage nach schriftlicher Bestätigung dieser Lüftungssache beantwortete er erst im zweiten Anlauf mit ja. Er wollte sich nicht festlegen, bis wann ich eine solche Bestätigung erhalten würde. Als ich darum bat, als nun definitiv und unwiderbringlich verlorener Ex-Kunde gemäss der Deutschen Datenschutz-Grundverordnung aus sämtlichen Datenbanken gestrichen werden (weil ich auch keine Werbe-E-Mails mehr brauche) entgegnete Herr Meier, dass er dies schriftlich brauche. Worauf ich echt nur noch lachen konnte und das Gespräch mit den besten Wünschen zum Wochenende beeneden musste. Liebe Aida, ich werde diesen Beitrag öffentlich posten und @Aida taggen, ich betrachte die Schriftlichkeit somit als erfüllt. Es ist Herr Meier sehr zu Gute zu halten, dass er während des gesamten Gespräches sehr professionell und freundlich blieb. Dass er aber offenbar keinerlei Kompetenz für ein Entgegenkommen hatte und Aida die Sache zu einer juristischen Auseinandersetzung mit Aussage und Gegenaussage verkommen lässt, zeugt von extrem wenig Kundenorientierung. Wie oben geschrieben: ich habe keinerlei Forderung gestellt und gedenke es auch weiterhin nicht zu tun. Aida scheint schlicht genügend Kunden zu haben und muss darum nicht auf Kundenrückmeldungen eingehen, ein Fakt den es allenfalls bei einem nächsten Antrag auf Staatshilfe zu berücksichtigen gilt.
Weniger als zwei Stunden später erhielt ich tatsächlich eine E-Mail, allerdings nicht mit der gewünchten Bestätigung in Sachen #Lüftungsgate (also dass Aida die Lüftung als voll funktionsfähig betrachtete (irgendwie habe ich das Gefühl, dass sie bei mir einen Beweis für die Nicht-Funktionsfähigkeit vermuten und grad so beim total offensichtlichen Lügen wollen sie sich dann doch nicht erwischen lassen, weil vor Gericht, wo wir ja nie enden werden….sorry, einer der selten gewordenen Abschweifer)), sondern mit Standardfloskeln, welche im Baukastensystem zusammengesetzt waren. Immerhin erfolgte hier eine Entschuldigung für die verspätete Antwort.

Ja, liebe Aida, somit endet hier unsere gemeinsame Reise für immer, ein klassischer Fall von aufNimmerAIDAsehen und wirklich sehr schlechtem Beschwerdemanagement, denn bis vor wenigen Stunden hattet ihr immer noch die Chance, mich zum regelmässig buchenden Fan zu machen. Ihr hattet mehrere Chancen aber alle fahrlässig vertan. Wir haben für Neujahr eine erneute Kreuzfahrt in einem Reisebüro gebucht. Es wurde uns Mein Schiff empfohlen, wir sind der Empfehlung gefolgt und freuen uns sehr auf die Reise.
Fazit: ich gönne es allen herzlich, welche sich als Fans der Aida betrachten und bezeichnen, ich will auch niemandem die Freude verderben. Ich bleibe bei meiner Empfehlung, Aida nur über ein Reisebüro zu buchen und rate von Direktbuchungen dringend ab.
Ich bin übrigens auch kein frustrierter Stänkerer, ich freue mich sehr ob gutem Service (gestern im Volkshaus Bern, vor kurzem bei Visilab in Baden oder immer wieder am Achensee) und noch mehr über gutes Complaint Management (wobei der Oskar dafür an die Spago in Aarau geht, die waren bei #ColaGate so rasch und gut in der Behebung, dass ich immer noch verblüfft bin –> sorry, das ist jetzt nur ein Teaser auf die nächste Folge, ich würde diesen Cliffhanger ganz unbescheiden als genial bezeichnen).
Die Aida erhält leider keinen Oskar, ihr kann ich für ihr Beschwerdemanagement leider nun den soeben geschaffenen blauen Kussmund für die totale Fehlleistung feierlich aber virtuell überreichen.
Next stop: Mein Schiff.