Ja, wie schon zu lesen, waren wir 2022 ja auf Kreuzfahrt, über die Buchung und die Irrungen und Wirrungen vor der Reise habe ich hier berichtet. Kreuzfahrten werden in der Tendenz in den Medien als Dreckschleudern dargestellt, daran ändert auch die vorgängig gekaufte CO2-Kompensation durch MyClimate nicht so schampar (Schwiizerhochdütsch is back) viel, denn damit wird zwar der approximative CO2-Ausstoss anderswo wieder ausgeglichen, weitere Umweltbelastungen wie zum Beispiel Feinstaubbelastung bleiben aber bestehen.
Darum entschieden wir uns, an den Abfahrtsort Hamburg mit dem Zug anstelle des Flugzeuges zu reisen. Stellten wir uns sehr entspannt vor und buchten darum den Schlafwagen im komfortablen Doppelzimmer, auf dem Hinweg mangels Verfügbarkeit mit Etagen-WC (heisst das bei einem Zug auch so?), für den Rückweg in der Kabine mit eigenen sanitären Anlagen inkl. Dusche. Weitere Vorteile der Zugsreise: Man entgeht dem Chaos an den Flughäfen und da man das Gepäck ja nicht aufgibt, bleibt Tonas Packsucht (herzliche Gratulation zum erneuten Gastauftritt) ohne Folgen.
Gebucht hatten wir über die Website der SBB, durchgeführt wurde die Fahrt von Nightjet, die gehören zum österreichischen Pendant der SBB, der ÖBB. Vor Abfahrt assen wir in Basel noch etwas und tranken zwei, drei Bier in meinem Lieblingslokal Bierrevier, die Ferien waren also lanciert und wir in der entsprechend prächtigen Stimmung.
Unseren Wagen fanden wir schnell, naja, einen, der mit unserer Nummer beschriftet war. Dort waren aber keine der gesuchten Schlafabteile zu finden sondern die Sechser-Sitzabteile (an welchen mit Post-it-Zetteln handschriftlich notiert unsere Nummern angeheftet waren), welche man in der Schweiz praktisch nie sieht, welche in Deutschland aber durchaus noch üblich sind. Es gibt Varianten davon, welche die Sitze so ausfahren lassen, dass quasi ein flaches Doppelbett entsteht, unser Abteil war keines davon. Was auch absolut egal war, denn wir hatten dieses Abteil nicht für uns sondern teilten es mit einer Mutter, welche mit ihrem Sohn an die Karl May Festspiele fuhr.

Warum wir das Abteil zu teilen hatten, erschloss sich mir nicht, waren doch leere Abteile besetzt von Getränken, welche nie zum Verkauf angeboten geschweige denn als Wiedergutmachung gratis abgegeben wurden. Meine Nachfrage nach einem eigenen Abteil wurde auch nicht beantwortet sondern unwirsch abgetan und da ich mich mangels Platz im Abteil weigerte, auch noch die Koffer in dieses zu nehmen (also doch noch Spätfolgen von Tonas Packsucht…), wurde mir zuerst die unmittelbare Verhaftung in Basel und später ein Verweis aus dem Zug irgendwo im Deutschen Hinterland angedroht. Ja, ich weiss, ich neige zu Übertreibungen, aber genau so wars, ich schwör. Aber grad souverän wirkte der Zugführer der ÖBB nicht. Ich vielleicht auch nicht, aber mir fehlt in solchen Situationen die Ruhe der Frau zwei Abteile weiter, welche die gleiche Geschichte bereits an Pfingsten erlebt hatte…
Noch aus dem Zug kontaktierte ich den Kundendienst der SBB, eine Telefonistin (gut oder wenigstens gut geschult in Complaint Management) nahm sich meines Anliegens an und stellte mir das Formular zur Einreichung meiner Reklamation mit zugehöriger Entschädigungsforderung via mail zu. Sie prognostizierte, dass mein Anliegen binnen zweier Arbeitstage behandelt werden sollte.
Auf eine Nachfrage via mail 4 Arbeitstage später habe ich nie wieder etwas gehört. Eine Nachfrage auf Twitter (auch dem SocialMedia-Team der SBB herzlichen Glückwunsch zum Gastauftritt) wurde mit Verweis auf den Kundendienst mit Angabe von falschen Öffnungszeiten beantwortet. Eine weitere telefonische Nachfrage brachte keine Prognose betreffend der Lösung des Falles und auch ein weiterer Anruf brachte keine neuen Erkenntnisse. Dafür weiss ich dank der Endloswiederholung in der Warteschleife, dass man Tickets auch online kaufen kann. Oh, wow, krass, das sind ja mal News!
Und dann wie aus dem Nichts bekam ich plötzlich eine Antwort von einer Dame, welche den Titel ‚Spezialistin Beschwerdemanagement‘ trägt.

Für mich stellt sich einfach die Frage, warum ich ein Formular einreichen muss, was es zwei Wochen zu überlegen gibt und wofür es überhaupt diese Spezialistin braucht, wenn die Erstattung ja ‚selbstverständlich‘ ist. Also warum in einem offenbar klaren Fall nicht einfach der Mitarbeiterin im Kundendienst die Kompetenz zur Abwicklung geben und so dem Kunden und der Organisation Ärger und Aufwand ersparen?
Zur Ergänzung: Die Rückreise hat im gebuchten Abteil und fast auf die Minute pünktlich geklappt. Trotzdem stellt sich mir die Frage, ob und mit wie viel Lust ich mich ein nächstes Mal auf das Abenteuer Nachtzug einlassen würde.
Next Stop: Aida.